Haftung des Arbeitnehmers

  • 09. Dezember 2018
  • Thomas Klein

Auch am Arbeitsplatz können Schäden entstehen. Wer haftet dann wann wofür? Ein Überblick...

Haftung des Arbeitnehmers

Was ist die gesetzliche Regelung?


Grundsätzlich finden auf das Arbeitsverhältnis die allgemeinen zivilrechtlichen Regeln Anwendung.

Das bedeutet:

Nicht nur Arbeitnehmer haften, auch der Arbeitgeber muss für Schäden einstehen, die er verursacht und die beim Mitarbeiter entstehen. So verurteilte das LAG Düsseldorf einen Arbeitgeber zur Zahlung von Schadensersatz, weil ein Großmüllbehälter auf dem Betriebsparkplatz bei Sturm den Pkw eines Arbeitnehmers demoliert hatte. Der Haken an den allgemeinen gesetzlichen Regeln: Der Arbeitnehmer müsste dem Arbeitgeber schon bei einer leicht fahrlässigen Schädigung den ganzen Schaden ersetzen.

Beschränkte Arbeitnehmerhaftung gegenüber Arbeitgeber

Das Arbeitsverhältnis ist jedoch auf Dauer angelegt. Daher ist damit zu rechnen, dass auch dem sorgfältigsten Arbeitnehmer gelegentlich Fehler unterlaufen. Dies hat die Rechtsprechung veranlasst, explizit für das Arbeitsverhältnis Haftungserleichterungen zu entwickeln – in analoger Anwendung des § 254 BGB.

Ohne eine solche Haftungsbegrenzung zum Schutz des Arbeitnehmers wäre auch angesichts der möglichen Höhe eventueller Schäden schnell eine finanzielle Überforderung des Mitarbeiters gegeben. Zudem berücksichtigen die Richter mit dieser Vorgehensweise, dass der Arbeitgeber mittels seiner arbeitsrechtlichen Weisung den Arbeitnehmer überhaupt erst in die Lage versetzt, einen Schaden verursachen zu können.
Um die besonderen Verhältnisse im Arbeitsverhältnis zu berücksichtigen und die Haftungsanteile zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gerechter zu verteilen, wird also die Haftung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen des sogenannten innerbetrieblichen Schadensausgleichs aufgeteilt. Dies erfolgt in Abhängigkeit davon, wie hoch der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers ist, der den Schaden verursacht hat.

Diese arbeitsrechtliche Haftungsmilderung gilt bewusst nur für Fälle betrieblich veranlasster Tätigkeiten im Arbeitsverhältnis. Eine betrieblich veranlasste Tätigkeit liegt immer dann vor, wenn dem Arbeitnehmer die Tätigkeit ausdrücklich übertragen wurde oder sie im Interesse des Arbeitgebers für den Betrieb erfolgt. 


Der innerbetriebliche Schadensausgleich hängt vorwiegend von dem Verschuldensgrad des Arbeitnehmers ab.

Zunächst werden drei Haftungsstufen unterschieden:

-Vorsatz und grob fahrlässiges Handeln: Volle Haftung des Arbeitnehmers
-Mittlere Fahrlässigkeit: Haftungsteilung
-Leichte Fahrlässigkeit: Keine Haftung des Arbeitnehmers



Eine Aufteilung der Haftung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer findet nur im Bereich der mittleren Fahrlässigkeit statt. Hierzu können Pflichtwidrigkeiten gezählt werden, die sich im Bereich zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit bewegen. Der Schaden, den der Arbeitnehmer verursacht hat, wird zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgeteilt.

Für die Bildung einer konkreten, individuellen Haftungsquote werden regelmäßig im Einzelfall weitere Umstände herangezogen. Zu solchen Umständen zählt beispielsweise, wie gefahrgeneigt eine Tätigkeit ist, da bei einem arbeitstypisch höheren Haftungsrisiko, die Haftungsquote des Arbeitnehmers sinkt. In die Beurteilung fließen auch die Schadenshöhe, die Versicherbarkeit des Risikos für den Arbeitgeber, die Höhe des Arbeitsentgelts („Risikoprämie“) oder die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers, seine Stellung oder sein bisheriger Werdegang im Betrieb ein.

Beispiele für volle Arbeitnehmerhaftung:

Bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz trägt der Arbeitnehmer in der Regel den gesamten Schaden allein. Von grober Fahrlässigkeit ist dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer die „im Verkehr erforderliche Sorgfalt“ in besonders schwerem Maße verletzt hat. Hier legen die Gerichte strenge Maßstäbe an. Von grober Fahrlässigkeit ist beispielsweise auszugehen, wenn der Arbeitnehmer Verhaltensregeln missachtet, die jedem einleuchten müssten, etwa eine rote Ampel missachtet oder Wertgegenstände offen liegen lässt. Vorsatz ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer den Schaden absichtlich und wissentlich herbeiführt. 

Leichte Fahrlässigkeit: Keine Arbeitnehmerhaftung

Wenn es sich um geringfügige und leicht entschuldbare Pflichtwidrigkeiten handelt, die jedem Arbeitnehmer irgendwann passieren können, handelt es sich um leichte Fahrlässigkeit. Hier haftet der Arbeitnehmer nicht.

Beweislast im Prozess: § 619 a BGB 

Auch im Prozess gelten für den Arbeitnehmer erfreulicherweise Erleichterungen. Bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung trägt nämlich der geschädigte Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast. Dies gilt auch für die Frage, ob dem Arbeitnehmer ein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann und welchen Grad sein Verschulden besitzt. Die Beweislastregel des § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt gemäß § 619 a BGB insoweit nicht.

Haftung des Arbeitnehmers für Schäden bei einer dritten Person

Verursacht der Arbeitnehmer einen Schaden bei Dritten, haftet der Arbeitnehmer grundsätzlich unbeschränkt für die Sach- und Vermögensschäden. Eine Ausnahme gilt wieder für Schäden, die bei einer betrieblich veranlassten Tätigkeit entstanden sind. Der Arbeitnehmer kann hier unter bestimmten Umständen vom Arbeitgeber verlangen, dass dieser einen Teil des Schadens übernimmt. Er hat dem Arbeitgeber gegenüber einen sogenannten Freistellungsanspruch. Wie hoch der Freistellungsanspruch ist, berechnet sich nach den Grundsätzen zum innerbetrieblichen Schadensausgleich. Daraus folgt beispielsweise, dass der Arbeitgeber, handelt der Arbeitnehmer nur leicht fahrlässig, grundsätzlich den gesamten Schaden übernehmen muss. Bei mittlerer Fahrlässigkeit erfolgt eine quotenmäßige Aufteilung des Schadens zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. 

Arbeitnehmerhaftung: Wenn der Arbeitnehmer einen Arbeitskollegen verletzt

Verletzt der Arbeitnehmer bei einer betrieblich veranlassten Tätigkeit einen Arbeitskollegen, handelt es sich in der Regel um einen „Arbeitsunfall“, bei dem meist die gesetzliche Unfallversicherung für die Schäden aufkommt. § 105 Sozialgesetzbuch (SGB) VII sieht in solchen Fällen einen grundsätzlichen Haftungsausschluss zugunsten des Arbeitnehmers vor. Dies gilt natürlich nicht, wenn der Arbeitnehmer seinen Kollegen vorsätzlich oder außerhalb des Betriebs geschädigt hat (Ein Azubi verletzte das Auge eines Kollegen und musste 25.000 Euro Schmerzensgeld bezahlen).

Haftungsbegrenzung: Obergrenze für die Arbeitnehmerhaftung bei sehr hohen Schäden?


Eine pauschale Höchstbegrenzung für eine Haftung wird vom Bundesarbeitsgericht (BAG) ganz überwiegend abgelehnt. Allerdings lässt die Rechtsprechung die Arbeitnehmerhaftung zumeist nicht ausufern und nimmt bei sehr hohen Schäden eine Haftungsbegrenzung vor. Häufig orientieren sich die Urteile der Arbeits- und Landesarbeitsgerichte an einem Maßstab von einem Bruttomonatsentgelt bei mittlerer Fahrlässigkeit und drei Bruttomonatsentgelten, wenn der Arbeitnehmer grob fahrlässig handelte.