Abgasskandal und Kreditwiderruf

  • 18. August 2018
  • Thomas Klein

Der sog. Abgasskandal wird die Justiz noch Jahre beschäftigen und führt für den Verbraucher zur Rückabwicklung seines PKW Kaufes. Daneben gibt es bei finanzierten Autokäufen aber auch noch den Widerruf des Finanzierungsvertrages. Ein Überblick...

Abgasskandal und Kreditwiderruf

Viele Fahrzeuge sind heutzutage finanziert.

Dies gilt auch für eine Reihe der Kfz, die vom sog. Abgasskandal betroffen sind.

Anstatt gegenüber dem Hersteller oder Verkäufer einen Rücktritt des Vertrages zu erreichen, gibt es als Alternative die Möglichkeit, den Finanzierungsvertrag zu widerrufen.

Denn Finanzierungsvertrag und Kfz-Kaufvertrag sind in der Regel sogenannte verbundene Verträge.


Das hat zur Folge, dass die Unwirksamkeit des einen Vertrages
gemäß § 358 BGB die Bindungswirkung auch des anderen Vertrages entfallen  lässt.


Diese Rechtsfolge könnten Diesel-Käufer - aber nicht nur die - über den Widerruf des Finanzierungsvertrages auslösen. Der Finanzierungsvertrag kann grundsätzlich in den ersten 14 Tagen nach Abschluss widerrufen werden. Das wäre für die meisten zu spät. Doch über diese Widerrufsmöglichkeit ist der Käufer gesetzlich zwingend vom Kreditgeber zu belehren.

Die Widerrufsbelehrungen sind häufig fehlerhaft


Die Vorgaben des Gesetzgebers an die Formulierung von Widerrufsbelehrung enthalten für die Kreditinstitute einige Fallstricke.
Nicht wenigen Banken sind bei der Formulierung Fehler unterlaufen mit der Folge, dass für die Kunden nach der Rechtsprechung auch noch Jahre nach Abschluss des Kreditvertrages die Möglichkeit zum Widerruf aufrechterhalten bleibt (BGH, Urteil v. 12.7.2016, XI ZR 501/15). Einiges spricht dafür, dass auch der VW-Bank und den mit ihr verbundenen Banken Fehler bei der Widerrufsbelehrung unterlaufen sind.

Widerrufsbelehrungen zum Teil verwirrend


So haben die VW- und auch die Audi-Bank den nach der BGB-Info-VO vorgegebenen Mustertext der Widerrufsbelehrung nicht wörtlich, sondern in leicht abgewandelter Form verwendet.


Etwa wird zum Beginn der Widerrufsfrist in vielen Verträgen formuliert: „Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrages, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angaben zur Vertragslaufzeit) erhalten hat“. Ähnliche Formulierungen haben Banken bei Immobiliendarlehensverträgen verwendet. Hierzu existieren einige Urteile der Oberlandesgerichte, die diese Art der Belehrung als Verwirrung des Kunden und damit als rechtlich unwirksam bewertet haben (OLG München, Urteil v. 21.5.2015, 17 U 334/15).

Die meisten Autobanken sind betroffen


Weitere Fehler der VW-Bank-Belehrung werden darin gesehen, dass diese

-die Darlehensart nicht nennt,
-die Angabe zur Europäischen Zentralbank als Aufsichtsbehörde nicht enthalten ist,
-das Kündigungsverfahren unter Verstoß gegen Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB a.F. nicht hinreichend dargestellt wird.
-die Berechnung für die Vorfälligkeitsentschädigung nicht konkret genug ist,
-unter Verstoß gegen Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB a.F. unzutreffende Angaben zu den Widerrufsfolgen, insbesondere auch dem möglichen Wertverlust gemacht würden.


Ähnliche Probleme weisen die Kreditverträge der Santander-Bank und vieler weitere Autobanken auf.

Betroffen sind die nach dem 10.10.2010 abgeschlossen Kreditverträge.


Folgen des Widerrufs


Grundsätzlich erhält der Käufer im Fall des Widerrufs allerdings nicht den vollen Kaufpreis zurück, vielmehr muss er sich einen anteiligen Betrag für die Nutzung des Fahrzeugs anrechnen also abziehen lassen.

Für die Berechnung der Nutzungsentschädigung sind Alter des Fahrzeuges sowie die Laufleistung die maßgeblichen Kriterien.

Die Rechtsprechung geht heute in der Regel von einer durchschnittlichen Laufleistung eines Fahrzeuges von 250.000 km aus, dies kann im Einzelfall je nach Art des Fahrzeuges aber variieren.

Der Käufer muss also im jeweiligen Einzelfall entscheiden, ob sich der Widerruf für ihn vor diesem Hintergrund lohnt. Als Faustregel kann gelten.

Der Widerruf ist umso lohnender, je geringer die bereits zurückgelegte Fahrstrecke ist.

Widerruf besonders lohnend für nach dem 12.6.2014 geschlossene Verträge


Eine wichtige Neuerung für Autokäufer ist die ab 13.6.2014 in Kraft getretenen Umsetzung der Verbraucherrichtlinie der EU 2011/83/EU (§§ 355 ff BGB). Hiernach hat der Verbraucher im Rahmen der Rückabwicklung eines Vertrages beispielsweise für einen eingetretenen Wertverlust nur unter bestimmten Voraussetzungen aufzukommen. Bei einem infolge eines Widerrufs eines nach dem 12.6.2014 geschlossenen Finanzierungsvertrags unwirksam gewordenen Kfz-Kaufvertrag bestehen durchaus Aussichten, dass der Verbraucher nicht einmal Ersatz für die gezogenen Nutzungen leisten muss, d.h. er hätte in diesem Fall möglicherweise über Jahre das Fahrzeug kostenlos genutzt.