Der Rotlichtverstoß

  • 17. Januar 2018
  • Thomas Klein

In unserer verkehrsrechtlichen Praxis häufig anzutreffen: Der Rotlichtverstoss. Was ist zu beachten?

Der Rotlichtverstoß

Rotlichtverstoß...wann liegt er vor?

Wer die Haltelinie überfährt, aber vor dem geschützten Kreuzungsbereich noch anhält, begeht keinen Rotlichtverstoß nach § 37 StVO, sondern lediglich eine Ordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 3 Ziff. 4 der StVO. Erst nach Einfahren in die Kreuzung oder in eine vor der Kreuzung mitgesicherte Fußgängerfurt bedeutet einen Verstoß gegen § 37 StVO.

Welche Möglichkeiten der Feststellung gibt es?

Bei polizeilicher Überwachung gilt: Voraussetzung für die Ahndung eines Verstoßes ist zunächst die Feststellung der Art der Ampelschaltung, insbesondere der Dauer der Gelbphase, der zulässig gefahrenen Geschwindigkeit und der Entfernung des Fahrzeuges von der Lichtzeichenanlage bei Wechsel auf Rot.

Für die Feststellung eines qualifizierten Verstoßes ist die exakte Darstellung der Messung der Rotlichtdauer von 1 Sekunde erforderlich (z.B. per Stoppuhr). 

Eine bloße Schätzung genügt grundsätzlich nicht. Ein Gericht wird bei der Beurteilung aber auch berücksichtigen, ob die Rotlichtüberwachung durch erfahrene Polizeibeamte stattgefunden hat, die möglicherweise auch Dauer einer Sekunde unter Anbringung von Sicherheitszuschlägen sicher schätzen können. Im Falle einer gerichtlichen Überprüfung sind in den Urteilsgründen sämtliche tatsächlichen Umstände darzulegen, die Rückschlüsse auf die Zuverlässigkeit der Schätzung zulassen.

Messung des Rotlichtverstoßes mit Hilfe einer stationären Überwachungsanlage

Bei Messung des Verstoßes mit Hilfe einer stationären Überwachungsanlage (= Traffipax) sind solch umfangreiche Feststellungen zumindest Innerorts entbehrlich. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Gelbphase 3 Sekunden beträgt und von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auszugehen ist. Beim qualifizierten Rotlichtverstoß sind aber auch hier Einzelheiten zu Messverfahren und zum Messvorgang erforderlich.

Rotlichtüberwachungskameras müssen nach § 2 des Eichgesetzes geeicht sein. Dann gelten sie grundsätzlich als zuverlässig, ohne dass es bei Fehlen von Anhaltspunkten für Fehlerquellen konkreter Untersuchungen des Messvorgangs bedarf.

Bei Rotlichtverstößen vor einer Baustelle bedarf es darüber hinaus der Feststellung der konkreten Verkehrssituation, d.h. insbesondere der Lage und der Übersichtlichkeit des Baustellenbereiches.


Sobald dem Fahrer irgendwelche Besonderheiten auffallen, wie besondere Lichtverhältnisse, reflektierende Spiegel oder ein extremer Kurvenradius, sollten diese Beobachtungen als Hinweis auf mögliche Fehler bei der Messung vor der Behörde oder bei Gericht vorgebracht werden. Ein Gericht kann Sie nicht verurteilen, ohne solche Hinweise zu entkräften.

Was ist bei der Messung mit Kontaktschleifen zu beachten?

Bei Berechnung der Rotlichtzeit mit Hilfe von Kontaktschleifen muss ein Gericht in den Urteilsgründen den Zeitpunkt des Passierens der Haltelinie oder des Einfahrens in den Kreuzungsbereich in Relation zur Zeitdauer der schon bestehenden Rotphase konkret darstellen. Befindet sich die erste Kontaktschleife in Fahrtrichtung des Betroffenen hinter der Haltelinie, ist für die Feststellung eines qualifizierten Rotlichtverstoßes die Zeit abzuziehen, die der Betroffene für die Strecke zwischen Haltelinie und Kontaktschleife benötigt hat.

Und was ist mit Blitzerfotos?

Einige Amtsgerichte haben in jüngster Zeit die Frage aufgeworfen, ob die mittels einer automatischen Überwachungsanlage gefertigten Fotos von Fahrzeugführern als Beweismittel gerichtlich verwertbar sind und diese Frage verneint. Es kam zu in der Presse viel beachteten Freisprüchen (AG Eilenburg, Beschluss v.  29.9.2009, 5 OWi  253 Js 53556/08; AG Grimma, Urteil v. 31.08.2009, 3 Owi 166 Js 35228/09.).

Grundlage war eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von August 2009 (BVerfG, Beschluss v 11.08.2009, 2 BvR 941/08):

Hiernach verletzen automatische Videoüberwachungen der Allgemeinheit das informelle Selbstbestimmungsrecht der Überwachten und bedeuten daher einen Eingriff in das vom Grundgesetz geschützte allgemeine  Persönlichkeitsrecht. Eine solche Überwachung muss durch überragende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein und bedarf einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung.

Diese Grundsätze haben einige Amtsrichter auf die automatische Fotoüberwachung an Lichtzeichenanlagen übertragen und diese mangels ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage für verfassungswidrig gehalten. Es ist nicht auszuschließen, dass weitere Amtsgerichte sich dem anschließen. Es dürfte aber zweifelhaft sein, ob diese Rechtsauffassung sich auf breiter Front durchsetzen wird.